
„wehovision“ das klingt nach Programm. Gibt es eine Botschaft in Deinen
Arbeiten?
Ja, ich habe vor vier Jahren dieses Label gegründet, um meine Sicht der
Menschen ein wenig nach außen zu tragen. Es beginnt mit meinem Namen und
beschreibt meine Absicht. Zu Beginn, als ich noch überwiegend Portraits
fotografierte war ich oft erschreckt, wie sehr es gerade Frauen gewohnt
sind, sich zu vergleichen und häufig abzuwerten. Dann wieder
Begeisterung, wenn es gelingt, sich selbst auszudrücken. Meine Vision
sehe ich als erfüllt, wenn ein Modell erkennt: „Mein Lächeln macht
mir keiner nach, nicht mal die Schiffer!" Jeder Mensch ist
einzigartig – und es ist wohltuend mit Menschen zusammen zu sein, die
den Mut haben, dies zu leben.
Wie kamst du zur Fotografie,
folgen deine Werke einem bestimmten Konzept?
Aufgewachsen bin ich in einem sehr kunstinteressierten Elternhaus, am
Wasserfarbkasten in der Schule hab ich aber versagt. Immer wieder auf
Ausstellungen und langen Reisen den Blick mit der Spiegelreflex
geschult und dann von der Digitalfotografie schlagartig besessen,
seit sieben Jahren Maniac. Als Bildermensch entstehen mir ständig neue
Ideen im Kopf. Diese halte ich schriftlich fest und schlage Sie meinen
Modellen vor. Wenn der Funke überspringt machen wir uns gemeinsam an
deren Umsetzung. Bei mir ist Spontanität Konzept. Das bedeutet, mit
einem großen Ideenfundus und einer vollgestopften Requisitenlager
anzufangen und dann über das Konzept hinaus zu wachsen.
Wirst Du durch andere
Künstler, in deiner Arbeit beeinflusst? Hast Du Vorbilder?
Ich bin seit Jahren mit Künstlern der unterschiedlichsten Ressorts
befreundet und so entsteht immer wieder ein Dialog der mich fordert.
Am meisten interessiert mich jedoch der kreative Fluß gemeinsamer
Arbeit an einen guten Bild, egal, ob der andere sich nun Künstler nennt
oder seine Art zu Leben ausdrückt. Die Leuchttürme an denen ich mich
orientiere, sind die Schlichtheit von Mapplethorpe, die gnadenlose
Detailperfektion von Bitesnich und der Mut von Rankine. Zugegeben
sehr hohe Vorbilder, aber die leuchten weit.
Was bedeutet Schönheit für
dich?
Ausgewogenheit mit Spannung. In Blick und Geste des Modells die
Persönlichkeit sichtbar werden zu lassen. Ein echtes Erstaunen ist
immer schöner als ein maskenhaftes Lachen.
Du hast in vierzehn Monaten fünfzehn Ausstellungen
bestritten, rund 70 Shootings gemacht, zwei Kalender herausgebracht,
ein neues Studio
bezogen und ein paar Workshops besucht wie geht das?
Das weiß ich auch nicht. Ich kann nur sagen, wenn ich etwas mache,
dann mach ich es ganz. Wenn ich zwischendurch zum Luftholen komme, bin
ich sehr zufrieden. Dinge, von denen ich letztes Jahr träumte, sind
greifbar.
Ich bin auch sehr froh darüber, mittlerweile themenspezifische
Ausstellungen anbieten zu können. Der riesige Fundus, den ich in den
letzten Jahren erarbeitet habe, gestattet es mir, die Bildauswahl und
Präsentationsform mit dem jeweiligen Ausstellungsgeber abzustimmen.
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Wie kommst du eigentlich zu
Ausstellungen?
Das ist sehr unterschiedlich. Zu Anfang war ich noch zögerlich, in einem
Gemeindehaus als einziger Aktfotografien zu präsentieren.
Mittlerweile kommen häufig Anfragen von Organisatoren, denen die kühle
Eleganz meiner Bilder gefällt und die diese gerne in der Gestaltung
ihres Events dabei haben wollen. Bei der Bildauswahl und der Hängung
versuche ich dann einen Schritt über das
Erwartete hinauszugehen. Ein zerrissener Mann inmitten archetypischer
Frauen, eine SM Szene für emanzipierte Psychotherapeuten, ein
politisches Aktfoto usw. Ich finde es unpassend mit ordinärer Nacktheit
provozieren zu wollen. Mir ist es lieber, wenn ein Paar umschlungen
flüstert: „Spürst du das?“
Wenn du
deine zurückliegenden Arbeiten betrachtest. Was fällt dir auf?
Meine Bildersprache wird immer klarer. Ich bin sowohl technisch sicherer
geworden, als auch mutiger in der Aussage.
Es ist wie laufen mit den rechten und dem linken Bein, Technik und
Kreativität, es geht nur im Wechsel weiter.
Warum ist dir das Feedback von
Frauen so wichtig?
Frauen sind nicht so leicht zu blenden. Heute kommen emanzipierte Frauen
ins Studio, teilweise mit therapeutischer oder tantrischer Vorerfahrung.
Mit dem sich wandelnden Frauen- und Menschenbild entstand in den
letzten Jahren eine neue, künstlerische Sichtweise, auch gegenüber
Nacktheit, die jenseits glatter Ikonen die Einzigartigkeit der Person
und Stimmung in den Vordergrund rückt. Dies fordert auch den Betrachter
weit subtiler heraus als bisher. Der Betrachter will selbst entdecken,
ahnen, weiterdenken. Geist ist geil!
An deinen Bildern fällt
besonders auf, wie sehr du mit der Kamera interpretierst. Fast immer
überrascht ein Kontrast oder Focus.
Ja, für mich ist die Kamera nur das Medium das festhält. Ich kann nicht
so tun, etwas Neues zu erfinden.
Ich will eine Sichtweise vermitteln. Wie oft habe ich in der
Vergangenheit gedacht „ Dies wäre das charakteristische Bild, das
einen Aspekt dieses Menschen klar erfasst.“ Ein gutes Bild entsteht doch
im Kopf.
Der Funke ist übergesprungen, wenn eine Brücke zwischen meiner
Sichtweise und einem unbeteiligten Betrachter entsteht.
Du bist ja gut vertraut mit
elektronischer Bildverarbeitung und ich staune manchmal, was da alles
möglich ist. Morphing an der Figur, Weichzeichner auf der Haut und
Glanzlichter aus der Software. Wie gehst du damit um?
Mit der Retusche bin ich deutlich zurückhaltend. Ich entferne nur
die Dinge, die m.A. nicht zum Menschen gehören, wie z. B. Pickel und
Fehler im Hintergrund. Mir geht es um individuelle Persönlichkeit,
auch mit kleinen Unvollkommenheiten – Charaktere eben. Glatt
geschliffene Hochglanzideale sind unsere kleinen Tyrannen, die uns
hindern unsere Individualität zu leben.
Ansonsten gilt wie zu Dunkelkammerzeiten: Ein gutes Bild entsteht in
der Kamera. Die Nachbearbeitung kann nur veredeln, aber das Handwerk
nicht ersetzen. Von digitalen Effekten bin ich weitgehend abgekommen,
die sehen zwar poppig aus, machen aber das Bild nicht besser. Ich hätte
mir nicht träumen lassen, die schwarz weiß Fotografie so sehr zu
favorisieren. Aber gerade diese Beschränkung läßt einen klareren Blick
auf Qualität zu.
Wie geht´s weiter?
Nach einem bunten Jahr habe ich mein Studio nachgerüstet, mich von alten
Ballast befreit und nun den Kopf frei für Inspirationen.
Vielen
Dank für dieses bunte Interview. Wir wünschen Dir
weiterhin viel Erfolg bei Deinen spannenden Projekten! |